Sofia und Wien vertiefen ihre Zusammenarbeit gleich auf mehreren Ebenen. Für einen Erfahrungsaustausch zu den Themen Stadtplanung, Mobilität und Umwelt begab sich eine Sofioter Delegation am 14. Februar in die österreichische Hauptstadt. Beim viertägigen Besuch in Wien machten sich die Expert*innen aus Sofia nicht nur ein Bild von der Seestadt Aspern, sondern sprachen auch mit Spezialist*innen der Wiener Linien und diversen Wiener Magistratsdienststellen. Auch stand ein Treffen mit Stadtrat Jürgen Czernohorszky und Gemeinderat Erich Valentin am Programm.
Mit dem Bau der Seestadt Aspern, dem größten Stadtentwicklungsprojekt Europas, sorgte die Wiener Stadtplanung für internationales Aufsehen. Eine Besichtigung des Vorzeigeprojekts stand auch auf dem Plan der bulgarischen Delegation unter Leitung des Sofioter Gemeinderats Boris Bonev vom 14. bis 17. Februar. Allerdings waren die Bulgar*innen darüber hinaus auch an der Wiener Expertise und Best-Practice-Beispielen anderer Bereiche wie öffentlichem Verkehr, Infrastrukturplanung oder Abfallwirtschaft interessiert. Die beiden Hauptstädte kündigten bereits 2022 eine Zusammenarbeit bei Ressourcenmanagement und Klimafragen an.
Ein zentrales Thema beim Besuch der Sofioter Delegation war die städtische Mobilität. Während den ersten beiden Tagen stand daher der Austausch mit den Wiener Linien sowie der Abteilung Straßenverwaltung und Straßenbau (MA 28) auf dem Programm. Beim Termin mit den Wiener Linien ging es neben Infrastrukturplanung auch um Marketingmaßnahmen zur Attraktivierung der öffentlichen Verkehrsmittel. So wurde die Delegation unter anderem auf die Dach-App WienMobil hingewiesen, mittels derer Jahreskartenbesitzer*innen Zugriff auf Carsharing-Dienste, Leihräder und E-Scooter haben. Das Ziel dabei ist eine kompakte Gesamtlösung für Kund*innen der Wiener Linien.
Auf reges Interesse stießen beim Treffen mit der Abteilung Straßenverwaltung und Straßenbau (MA 28) wiederum die Wiener Lösungen bei der Instandhaltung von Straßennetzen und Straßenbeleuchtung. Konkret wurde auf die Errichtung öffentlicher Infrastruktur in Wien von der Planung über die Ausführungs- bis hin zur Kontrollphase eingegangen.
Vom Gemeinderat und Abgeordneten zum Landtag Erich Valentin wurde die Delegation nach einer Begrüßung ermutigt: "Please go international! Don't be afraid to say that you need help!" Danach gab Valentin einen kurzen Überblick zur Wiener Daseinsvorsorge, zum Kampf gegen den Klimawandel und zum Social Housing.
Auch ein Termin mit Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky stand auf dem Programm. Dabei wurden die Sofioter*innen über die Gründung der Klimaagentur Wien als Koordinierungsstelle aller Abteilungen der Stadt Wien informiert. Czernohorszky zufolge will Wien als eine der wohlhabenderen Städte eine Vorreiterinnenrolle innehaben. So habe sich die Stadt einen ambitionierten Klimafahrplan als Ziel gesetzt, der "Raus aus Gas" und einen gänzlichen Ausstieg aus der fossilen Wärmeversorgung bis 2040 vorsieht. Bereits im Vorjahr traf der Umweltstadtrat in Sofia die dortige Vizebürgermeisterin für Grünflächen, Umwelt und Flächennutzung, um die Zusammenarbeit der beiden Hauptstädte bei Ressourcenmanagement und Klima zu stärken.
Ferner erkundigte sich die Delegation bei einem Vortrag der Abteilung Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark (MA 48) über den Wiener Weg bei Mülltrennung, Abfallvermeidung und -verwertung sowie die damit verbundene Kommunikation mit der Bevölkerung. Auch das Thema Straßenreinigung durch die MA 48 kam auf, in Sofia sind dafür das Gemeindeunternehmen Sofecostroy sowie einige Konzessionäre zuständig.
Der letzte Tag führte die Delegation in die Seestadt Aspern, die für reichlich Gesprächsstoff sorgte. Schließlich soll das größte Stadtentwicklungsprojekt Europas mit innovativen Konzepten gleichermaßen Platz zum Leben und Arbeiten schaffen sowie Umweltbewusstsein und Wirtschaftskraft stärken. Von den zahlreichen Facetten der Seestadt stand zuerst die Besichtigung des Bildungscampus am Tagesplan. Das Besondere hier: Kindergarten, Volksschule und Mittelschule sind im selben Gebäude untergebracht, während altersgemäße Freizeitangebote sich im direkten Umfeld befinden.
Auch in der Seestadt war das Thema Mobilität ein Schwerpunkt. Das Verkehrskonzept des Stadtteils soll Autofahrten möglichst reduzieren, indem kurze Fuß- und Radwege sowie gut erreichbare Öffis die wichtigsten Anlaufpunkte attraktiv und barrierefrei erreichbar machen. Das Ziel in der Seestadt ist, 80 Prozent des Mobilitätsaufkommens umweltfreundlich zu halten. Ein Netz von Sammelgaragen unterstützt die Verkehrsberuhigung innerhalb der Wohngebiete.
Bereits im Sommer 2022 setzte Sofia in Wien getestete Wasserkonzepte um – so wurden Bewässerungssäcke für neu gepflanzte Bäume eingesetzt. Nun informierten sich die bulgarischen Expert*innen während des Besuchs der Seestadt Aspern über das Regenwassermanagement Etappe Nord, das sich für die Ressourcenschonung am skandinavischen Schwammstadt-Prinzip orientiert. Auf insgesamt 22.000 Quadratmetern Straßenraum in der Seestadt Nord bietet dieses Rückhaltesystem für Regenwasser künftig Straßenbäumen optimale Wachstumsbedingungen. Neben der Verbesserung des Mikroklimas sorgt das Regenwassermanagement außerdem für höheren Schutz bei Unwetter und entlastet das Kanalsystem.
Wiener Linien
Straßen erhalten – Stadt Wien
Klimafahrplan bis 2040 – Stadt
Wien
Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark (MA 48) – Stadt Wien
Seestadt
Aspern
Regenwassermanagement – Stadt Wien
Wien
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